Luftpost fürs Abwasser
St.Galler Tagblatt, 24.04.2015, von Corina Tobler
Ab Frühling 2016 soll das Abwasser der Gemeinde Rehetobel ins Netz des Abwasserverbands Altenrhein fliessen. Derzeit werden die Leitungen verlegt. Das Gelände macht dafür spezielle Massnahmen nötig, so auch einen Helitransport.
Die Rotoren des Helikopters knattern, das 40 Meter lange Stück Kunststoffleitung, das er transportiert, schwingt unruhig hin und her. Doch die Arbeiter am Boden fassen ruhig eine Leitung nach der anderen und reihen sie auf dem Hang auf. Den Einsatz des Helikopters beobachten Christoph Egli, Geschäftsführer des Abwasserverbands Altenrhein (AVA), und Frank Lükewille, Leiter Siedlungsentwässerung, aus nächster Nähe. «Ein Helitransport ist auch für uns etwas Spezielles.»
Anschluss in Oberebni
Die Beschreibung speziell passt zum gesamten Projekt, das für budgetierte 6,9 Millionen Franken exklusive Subventionen den Anschluss der Gemeinden Rehetobel und Speicher ans AVA-Netz vorsieht. «Auslöser waren die sanierungsbedürftigen Kläranlagen dieser Gemeinden. Man kam zum Schluss, dass ein Anschluss an den AVA Sinn macht – finanziell wie auch betrieblich und ökologisch gesehen», sagt Christoph Egli. Nach einer komplexen Planungsphase starteten im März die Bauarbeiten. Zunächst werden die Leitungen für den Anschluss von Rehetobel verlegt. Diese verlaufen ab der Kläranlage zur Lobenschwendi. Dort vereinigen sie sich mit den Leitungen ab Speicher und werden doppelt geführt über Habset und Herdli zur Aachmühle verlegt. Via Risel erfolgt dann bei der Oberebni der Anschluss ans bestehende Netz. Neben Tiefbauarbeiten und Rohrlegungen sind zwei Bohrungen nötig, eine von der Kläranlage Rehetobel aus, eine zweite ab der Lobenschwendi.
Wasser muss aufwärts fliessen
Eine besondere Herausforderung für den Bau ist das hügelige Gelände, wie Frank Lükewille erklärt. «In Eggersriet entsteht ein 2,5 Kilometer langer Düker, eine Leitung also, in der das Wasser nach dem Tiefpunkt bei der Aachmühle bergaufwärts fliessen muss.» Das Prinzip ist ähnlich wie bei einer Giesskanne: Im abfallenden Teil des Dükers entsteht Druck, der das Wasser auf der ansteigenden Seite hochpresst. Dieser Druck wird bei der Aachmühle bis zu 22 bar betragen, was gut 22mal dem Luftdruck auf Meereshöhe entspricht. Diesem Druck müssen die Leitungen standhalten. «Daher verwenden wir in diesem Bereich ausnahmsweise Trinkwasser-Rohre, weil sie stärker sind», sagt Lükewille.
Weniger Schweissen dank Heli
Immer vier der je zehn Meter langen Rohre wurden vorgängig zusammengeschweisst. Fürs Schweissen müssen die Rohre von beiden Seiten zusammengedrückt werden. «Das geht im steilen Gelände hier nicht. Darum entschieden wir, die Leitungen auf der flachen Wiese zu schweissen und an den Hang Richtung Risel zu fliegen. Die 40 Meter langen Rohre, werden mit dem Bagger in den Graben gezogen. Im Graben müssen wir so deutlich weniger schweissen – und sparen Verbindungsteile, die sogenannten Schweissmuffen», sagt Lükewille. Der Leitungsbau, der planmässig verläuft, soll bis November dauern. Dann folgt der Umbau der Kläranlage Rehetobel. «Die Becken werden mehrheitlich umgenutzt. Wir werden sie für den Tagesstapel brauchen, also um das Abwasser aufzufangen und zwischenzuspeichern. Es soll täglich in mehreren Schüben durch den Düker fliessen.» Dies ist wichtig, weil die Fliessgeschwindigkeit im Düker mit einem Meter pro Sekunde hoch sein sollte. Das verhindert, dass Ablagerungen in der Leitung entstehen. Sobald Rehetobel im Frühling 2016 am AVA-Netz ist, startet der Leitungsbau ab Speicher.