‚Der Rheintaler‘, 22.04.2020, von Gert Bruderer
Die Rückgewinnung des im Klärschlamm enthaltenen Phosphors wird ab dem Jahr 2026 gesetzlich vorgeschrieben sein. Der Abwasserverband Altenrhein (AVA) als überregionaler Klärschlammentsorger hat schon 2012 begonnen, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Ein erstes Projekt ist abgeschlossen, das zweite läuft. Sein Name Pyrophos ist aus den beiden Begriffen Pyrolyse (Umwandlung) und Phosphor hergeleitet. Es handelt sich um ein Innosuisse-Projekt, an dem die Fachhochschule Nordwestschweiz beteiligt ist. Es habe sich gezeigt, dass aus Klärschlamm ein guter Dünger herstellbar sei, sagt AVA-Geschäftsführer Christoph Egli.
Schlamm in Bazenheid
Für einen Abwasserverband ist es wichtig, den Klärschlamm entsorgen zu können. Heute gelangt der getrocknete Klärschlamm in der Form von Granulat ins Zementwerk in Untervaz. Für die Zukunft wird innerhalb der Klärschlamm-Interessengemeinschaft Ost (KIGO) an einer zweiten Möglichkeit gearbeitet – an einer Verbundlösung, an der auch Altenrhein beteiligt ist.
Die Absicht ist es, entwässerten und getrockneten Klärschlamm zusammen mit Tiermehl in Bazenheid zu verbrennen. Tiermehl, das auch als guter Brennstoff dient, enthält viel Phosphor. Die Mineralisierung von Klärschlamm findet schon heute in Bazenheid statt; neu wird sein, dass die Asche zu Dünger veredelt wird. Das auf diese Weise entstehende Tripelsuperphosphat gilt als wichtigstes Phosphor-Handelsprodukt der Düngerindustrie.
Geplant ist die Gründung einer P-AG, also einer Aktiengesellschaft. Der Buchstabe P steht als Symbol für das chemische Element Phosphor. Der Abwasserverband Altenrhein beabsichtigt, sich am Gemeinschaftsunternehmen zu beteiligen. Weil die Delegiertenversammlung wegen Corona nicht stattfinden konnte, ist das Thema für die Herbst-Delegiertenversammlung vom 23. September traktandiert.
Europaweit einzigartiges Verfahren in Altenrhein
Das Pyrophos-Projekt befindet sich in der Abschlussphase. Dabei gewonnene Kenntnisse können in die P-AG einfliessen. Der Abwasserverband Altenrhein ist Industriepartner, die Firma CTU in Winterthur Verfahrenspartner des vom AVA angestossenen Pyrophos-Projekts. Gegenüber importiertem Dünger, der – je nach Herkunft – mit Cadmium oder Uran verunreinigt sein kann, werde es sich beim KIGO- wie auch beim Pyrophos-Dünger um ein sauberes Produkt handeln, sagt Christoph Egli.
Das Bestreben, möglichst umweltschonend zu wirken, hat der Abwasserverband Altenrhein auch mit der seit Herbst betriebenen 4. Reinigungsstufe bewiesen. Es geht um die Beseitigung von organischen Mikroverunreinigungen. Altenrhein verfügt im Kanton über die erste Anlage ihrer Art und bedient sich eines europaweit einzigartigen kombinierten Verfahrens. Der Ozonierung folgt eine Nachbehandlung mit granulierter Aktivkohle, wodurch eine bestmögliche Wirkung erzielt wird und weniger Ozon nötig ist.
Das macht das Verfahren umweltfreundlicher. Im Rahmen einer Pilotierung wurden vor der Inbetriebnahme der 4. Reinigungsstufe, aber auch danach, Erkenntnisse gewonnen, die voraussichtlich in der Oktoberausgabe der Zeitschrift «aqua & gas» veröffentlicht werden.
Kaum mehr Methan und weniger Lachgas
Im Zusammenhang mit der in einem Jahr abgeschlossenen Sanierung der Stapelanlage verabschiedet sich der Abwasserverband zudem endgültig von den relevanten Methanemissionen. Um die Verringerung von Lachgasemissionen, die bei der biologischen Abwasserreinigung entstehen, ist der AVA – im Rahmen eines eigens lancierten Subventionierungsprogramms – ebenfalls sehr bemüht.
Dies ist umso wichtiger, als Lachgas zwölfmal schädlicher ist als Methan. Aus dem Ammoniak, das im Klärschlamm enthalten ist, wird ab Oktober ein flüssiger Stickstoffdünger produziert.