Mit Blumenduft gegen ARA_Mief

St.Galler Tagblatt, 27.04.2020, von Jolanda Riedener

Die Emissionen der Abwasseranlage Altenrhein nehmen im Sommer wieder zu, sind aber kein Vergleich zu 2019.

«Nun ist es seit Wochen wieder so weit; die ARA stinkt grässlich», schreibt der Altenrheiner Richard Bischof in seinem Leserbrief vom Samstag. Vor kurzem
ist das Areal des Abwasserverbands Altenrhein für seine naturnahe Gestaltung ausgezeichnet worden. Die Reinigungsleistung der Abwasseranlage ist weiter vorbildlich. Die ARA Altenrhein ist die erste Anlage in Europa – und eine der wenigen weltweit –, die über eine vierte Reinigungsstufe Spurenstoff-Partikel mit Ozon und Aktivkohle aufspaltet, absorbiert und abscheidet («Tagblatt» vom 22. Juli). Doch mit Inbetriebnahme dieser Reinigungsstufe ist es vergangenen Sommer im Dorf vermehrt zu unangenehmen Gerüchen gekommen. Dass in diesem Monat wieder etwas mehr Meldungen von Anwohnern eingegangen sind, kann Geschäftsführer Christoph Egli bestätigen. Generell seien die Geruchsimmissionen an heissen, schwülen Sommertagen mit wenig Luftbewegung wahrscheinlicher als sonst. Allerdings: Im Vergleich zum vergangenen Jahr seien es deutlich weniger Reklamationen – insbesondere aus der nahen Nachbarschaft. «Das bestätigt uns, dass wir die Ursachenbehebung richtig angegangen sind und Optimierungen weiter vorantreiben », sagt Egli.

Unangenehme Gerüche mit Angenehmen übertönen

Im November hat die ARA die Bevölkerung zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Mit Hilfe von Probanden und Messungen versuchte man der Sache auf den Grund zu gehen. Das in der Folge erarbeitete Massnahmenpaket zeigte Wirkung: «Bis Mitte Juni sind nur vereinzelt Meldungen wegen Geruchsimmissionen eingegangen», sagt Christoph Egli. Nebst der verbesserten Luftwäsche wurde versuchsweise eine Odorierung installiert, die an anderen ARA-Standorten guten Erfolg gezeigt habe. «Das Ziel ist es, Restgerüche so gut wie möglich positiv zu besetzen», sagt er. So werden den Gerüchen
aus der Abwasseranlage Blumendüfte zur Geruchsminderung beigemischt. Auch bei der Gemeindeverwaltung in Thal sind in diesem Jahr praktisch keine Reklamationen wegen unangenehmer Gerüche eingegangen, bestätigt Gemeinderatsschreiber Christoph Giger auf Anfrage.

Abwasseranlage ganz ohne Gerüche gibt es nicht

Dass sich etwas an den Gerüchen geändert hat, stellte auch Richard Bischof fest: «Es riecht ekelhaft, aber auf eine andere Art», sagt er. Bischof wohnt schon viele Jahre direkt neben der Anlage. Es sei ihm klar, dass es ohne Immissionen nicht geht. Während des Lockdowns im Frühjahr seien die Gerüche im Rahmen des Normalen gewesen. «Lange war es gut, aber diesen Sommer mussten wir ein paarmal unser Mittagessen nach drinnen verschieben», sagt er. Auch beim nahe gelegenen Camping Idyll bereiten die Gerüche sorgen: Reklamationen deswegen gebe es immer und der Gestank werde von Besuchern auch gerne in Onlinebewertungen erwähnt.
Laut Egli habe das Minimieren von Geruchsemissionen oberste Priorität. «Wir nehmen die Anliegen der Anwohner sehr ernst und pflegen mit ihnen einen guten Austausch», sagt er. Es seien bereits weitere technische Verbesserungen, die in der Pilotierung Wirkung gezeigt hatten, in Auftrag gegeben.

Tausendmal sauberer als früher

St.Galler Tagblatt, 22.07.2020, von Rudolf Hirtl

Die im Herbst in Betrieb genommene vierte Stufe der Abwasserreinigungsanlage in Altenrhein macht es möglich: Das Wasser ist so sauber wie nie zuvor. Ozon spielt dabei eine wichtige Rolle. Nicht herausgefiltert werden Coronaviren, die im Abwasser nachgewiesen wurden. Wieso das Baden in See und Fluss dennoch keine Ansteckungsgefahr birgt.

Es hat beinahe Trinkwasserqualität, das Wasser, das in den Alten Rhein entlassen wird, nachdem es zuvor verschiedenste Reinigungsstufen passiert hat. Die vierte und modernste Stufe wurde im vergangenen Herbst in Betrieb genommen. Die ARA Altenrhein, ein Zweckverband von 17 Gemeinden aus zwei Kantonen, hat für die zusätzliche Reinigungsstufe, welche Spurenstoff-Partikel mit Ozon und granulierter Aktivkohle zuerst aufspaltet, ab­sorbiert und dann abscheidet, rund 18 Millionen Franken ausgegeben.

Nötig wurde dies, weil der Bund Anfang 2016 neue Bestimmungen für Abwasserreinigungsanlagen in Kraft setzte. Diese fordern die Erweiterung mit einer zusätzlichen Stufe zur Elimination von Mikroverunreinigungen.

Eine Reinigungsleistung von beinahe 100 Prozent

In Altenrhein, wo die erste Anlage dieser Art in Europa und eine der wenigen weltweit läuft, haben sich die Investitionen mehr als gelohnt. «Unsere Betriebserfahrungen sind sehr erfreulich. Wir haben eine Reinigungsleistung von gemittelt 95 Prozent, gesetzlich vorgeschrieben sind 80 Prozent», sagt Geschäftsführer Christoph Egli.

Auf Fäkalkeime getestet

Obwohl gesetzlich nicht dazu verpflichtet, überprüfen ARA-Mitarbeiter jeweils im Sommer die Wasserqualität nahe der Anlage auf die Fäkalkeime E. coli und Enterokokken. Einerseits oberhalb und unterhalb des Einlaufes in den Alten Rhein und ergänzend an den Badestränden an der Mündung zum Bodensee.

«Die Ergebnisse waren stets in Ordnung, doch seit Inbetriebnahme der vierten Reinigungsstufe stellen wir im Auslauf zirka 1000 mal weniger Keime fest»,

sagt Egli und ergänzt mit einem Schmunzeln, dass das Wasser des Alten Rheins gelegentlich mehr Keime aufweise als das von der ARA gereinigte Abwasser.

Coronaviren wurden im Abwasser nachgewiesen

Laut Mitteilung des Bundesrates wurde das neue Coronavirus im Abwasser nachgewiesen. Von zwölf Kläranlagen, neun davon aus dem Tessin, wurden seit dem Bekanntwerden der ersten Covid-19-Erkrankungen Proben genommen. Die Resultate sollen nun den Aufbau eines Systems mit Frühwarnfunktion ermöglichen. Abwasser lüge nicht und spiegle innert weniger Stunden, was die Bevölkerung ausscheide.

Coronaviren im Abwasser: Kann man trotzdem bedenkenlos schwimmen im Bodensee? «Weder auf wissenschaftlicher Basis noch aus Erfahrungswerten ist bei ARA-Mitarbeitern eine Häufung von Covid-19-Fällen bekannt. Eine Ansteckung über Abwasser konnte bisher also nicht beobachtet werden», sagt der Geschäftsführer. Auch aufgrund dieser Erkenntnisse gehe er davon aus, dass das Baden in See und Flüssen keine Ansteckungsgefahr berge.

Leute schmeissen alles ins Klo

Während Covid-19 den Betrieb in der ARA Altenrhein unter Einhaltung der Schutzmassnahmen also nicht beeinträchtigt, so sind feuchte Toilettentüchlein und Wattestäbchen ein echtes Problem. Christoph Egli würde sich freuen, wenn weniger oder gar nichts davon in WCs landen würde.

Ausgezeichnet mit dem Label der Stiftung Natur & Wirtschaft

Das Areal des Abwasserverbands Altenrhein ist laut der Stiftung Natur & Wirtschaft ein gelungenes Beispiel dafür, wie die Natur auf einem Industrieareal integriert und gefördert werden kann. Auf über 13000 Quadratmetern, bestückt mit einheimischen Hecken, Bäumen, begrünten Dachflächen, Ast- und Steinhaufen, und einem Feuchtbiotop, finden Tier- und Pflanzenarten wertvollen Lebensraum. Aus diesem Grund wurde dem Abwasserverband Altenrhein bei der diesjährigen Rezertifizierung das Label der Stiftung Natur & Wirtschaft ohne Vorbehalte wieder verliehen. Erstmals hatte die ARA das Label 2001 erhalten. «Die Biodiversität liegt uns am Herzen. Auch deshalb, weil wir uns nahe am Naturschutzgebiet und an einer von Velofahrern und Fussgängern gern benutzten touristischen Route befinden», sagt Christoph Egli und freut sich über die Auszeichnung, die das Bekenntnis zur naturnahen Gestaltung des Unternehmens auch nach Aussen trage.

Es riecht wieder normal in Altenrhein

„Der Rheintaler“, 22.04.2020, von Gert Bruderer

Ein Problem des letzten Jahres ist gelöst: Der Gestank, unter dem Altenrhein wegen der Kläranlage oft litt, kam dank einiger Prozessanpassungen endlich nicht mehr vor. Auch als es wärmer wurde, sagt Christoph Egli, seien keine Reklamationen
mehr eingegangen.
Zum Geruchsproblem war es mit der Inbetriebnahme der Klärschlammpellettierung gekommen. Lange war unklar, woran
es lag, sogar eine Taskforce wurde eingesetzt. Auch Aggregatsausfälle und weitere Probleme in der Abluftbehandlung hätten eine Rolle gespielt, sagt Christoph Egli.
Für den Fall, dass es wider Erwarten doch wieder zu stinken anfangen sollte, bereitet der Abwasserverband präventiv mögliche Massnahmen vor. Dass eine Abwasserreinigungsanlage völlig immissionsfrei betrieben werden kann, ist indes nicht zu erwarten.

Fernwärme ab Herbst 2020

‚Der Rheintaler‘, 22.04.2020, von Gert Bruderer

Die grosse Baustelle in der Nähe der Abwasserreinigungsanlage (ARA) in Altenrhein verwundert viele. Sowohl der Chef des  Abwasserverbandes Altenrhein (AVA), Christoph Egli, als auch der Polier der beauftragten Baugesellschaft bestätigen, dass sich
immer wieder vorbeifahrende Velofahrer und Spaziergänger nach dem Grund für die Baustelle erkundigen. Neben der Strasse ist ein breites Trassee zu sehen, und viele dicke Rohre liegen bereit.
Einheimische dürften wissen: Im Januar hat die Gemeinde Thal (also auch das dazugehörende Altenrhein) über ein Fernwärme-Projekt abstimmen lassen. Die Gemeinde baut und betreibt das Fernwärmenetz, der Abwasserverband liefert die Energie – vor allem Abwärme
aus dem gereinigten Abwasser. Für das Projekt ist ein Kredit von gut 400 000 Franken genehmigt worden. Es ist geplant, das neue Fernwärmenetz im Herbst in Betrieb zu nehmen. Der beachtliche Durchmesser der bereit liegenden Rohre liegt übrigens darin begründet, dass sowohl die Hin- als auch die Rückleitung im gleichen Rohr erfolgt.

Bald Dünger aus Klärschlamm

‚Der Rheintaler‘, 22.04.2020, von Gert Bruderer Die Rückgewinnung des im Klärschlamm enthaltenen Phosphors wird ab dem Jahr 2026 gesetzlich vorgeschrieben sein. Der Abwasserverband Altenrhein (AVA) als überregionaler Klärschlammentsorger hat schon 2012 begonnen, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Ein erstes Projekt ist abgeschlossen, das zweite läuft. Sein Name Pyrophos ist aus den beiden Begriffen Pyrolyse […]